1€ pro MBit/s Breitband in Deutschland

Wenn Milchmädchen rechnen

Der Artikel ist bei T3N hier zu finden. Die Marktstudie von Verivox findet man hier.

Laut Artikel liegt der Preis für stationäres Breitbandinternet in Deutschland bei 1€ je Mbit/s. Am Günstigsten ist es in Rumänien (1 Cent) und der EU-Durchschnitt liegt bei 18 Cent je Mbit/s.

Schon beim Querlesen sollte man da stutzig werden. Ich habe z.B. einen Glasfaseranschluss mit 1.000 Mbit/s von DG und dafür zahle ich 90€. Bei der Telekom kostet ein vergleichbarer Anschuss 70€. Das wären 9 bzw. 7 Cent je Mbit/s.

Gucken wir uns bei der Telekom mal die DSL Anschlüsse an, dann haben wir da 250 Mbit/s für 22 Cent, 100 Mbit/s für 48 Cent, 50 Mbit/s für 86 Cent und der Traumanschluss mit 16 Mbit/s für 2,30€.

Ob man 16 Mbit/s heute noch als schnelles Breitbandinternet bezeichnen sollte, lasse ich mal offen. 

Hätte man die Marktstudie korrekt gelesen, dann wüsste man, dass es in Deutschland weniger am Preis und mehr an der Verfügbarkeit - oder der Nutzung davon - liegt. Sonderlich schlau sind die allerdings auch nicht, denn da liest man sowas:

Vergleicht man den Preis je Mbit pro Sekunde technikübergreifend auf Basis des deutschen Tarifangebots, so ergibt sich ein durchaus überraschendes Bild: Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten Glasfasertarife.

Inwiefern das überraschend sein soll erschließt sich mir nicht. Das sieht man schon, wenn man die DSL Tarife der Telekom oben vergleicht. Der 250 Mbit/s Anschluss ist zwar der teuerste Anschluss, ist aber eben auch mit 22 Cent je Mbit/s ein deutlich besseres Angebot als 16 Mbit/s für 2,30€ je Mbit/s.

Leistung wird erst dann teuer, wenn man einen Technikwechsel hat. Innerhalb desselben Systems ist mehr Leistung in der Regel billig zu skalieren, da es insgesamt gesehen der geringste Kostenfaktor ist. Entsprechen auch 7 bzw. 9 Cent auf den 1Gbit/s Glasfaserangeboten von oben.

Ich halte die 1€ je Mbit/s Aussage für Deutschland für grundsätzlich fraglich, denn hier gibt es bei 1.000 Mbit/s eine Verfügbarkeit von immerhin 76%.  In meinem Bundesland sind es ~86%.

Das heißt aber natürlich nicht, dass jeder dieser Anschlüsse auch eine möglichst kosteneffiziente Leitung gebucht hat. Denn wenn 500 oder 250 Mbit/s ausreichen, dann ist der Anschluss zwar teurer pro Mbit/s aber eben nicht auf dem Konto. Da sind die alle billiger. Warum sollte ein Rentner-Ehepaar zwischen 70 und 90€ für eine 1Gibt/s Leitung zahlen, wenn die 50Mbit/s Leitung vollkommen reicht? Damit sie protzen können, dass sie statt 86 Cent nur 7 oder 9 Cent bezahlen?
 

Die günstigen 7 oder 9 Cent sind zwischen 840 und 1080€ im Jahr. Ihre vollkommen überteuerte 50 Mbit/s Krücke kostet sie weniger als 700€ pro Jahr. Teuer im Preis/Leistungsverhältnis aber eben mindestens 140€ billiger auf dem Konto.

In Deutschland liegt der Anteil der Haushalte, die nicht mit mindestens 100Mbit/s versorgt werden können bei unter 7%. Der Anteil mit mehr als 1Gbit/s liegt bei über 75%. Nimmt man von diesen beiden Extremen den Durchschnitt, dann reden wir über irgendwas bei 22 Cent je Mbit/s. Das was dazwischen liegt treibt das kaum auf 1€. D.h. die 1€ je Mbit/s entstehen nicht zwingend aus der Verfügbarkeit sondern aus der Entscheidung der Nutzer für ineffiziente Tarife, die aber eben günstiger sind. D.h. es gibt eine menge Nutzer, die unterhalb der technischen Verfügbarkeit buchen und damit den Preis je Mbit/s insgesamt nach oben drücken.

Was soll hier die Lösung sein? Dass nur noch 1Gbit/s Glasfaseranschlüsse angeboten werden, damit Deutschland im EU-Vergleich auf 7 - 9 Cent je Mbit/s fällt? Ich habe die Vermutung, dass da möglicherweise ein gewisser Anteil der Kunden Einwände haben könnte. Denn die sind eben nicht bereit die 70 bis 90€ dafür zu bezahlen weil sie es nicht brauchen.

Diese Aussage hier

"Bei Tarifen für stationäres Internet eignet sich das enthaltene Datenvolumen nicht als Unterscheidungsmerkmal", sagt Jörg Schamberg, Telekommunikationsexperte bei Verivox. "Denn die überwiegende Zahl der haushaltsgebundenen Anschlüsse beinhaltet eine unlimitierte Datennutzung. Entscheidend ist die Geschwindigkeit, mit der die Daten übertragen werden – also der Preis pro Mbit/s."

ist grundsätzlich nicht falsch. Volumen ist idR. kein Kriterium für stationäre Anschlüsse. Geschwindigkeit aber eben schon. Und wie wir alle gerade gelernt haben bieten Tarife mit höherer Bandbreite ein besseres Preis/Leistungsverhältnis. Aber eben auch nominal höhere Kosten. Dies liegt eben daran, dass Bandbreite (im Vergleich zum Rest) vergleichsweise billig anzubieten ist. Was man insb. gut bei den DSL Anschlüssen der Telekom sehen kann. 15 x langsamer ist 10 x teurer (relativ gesehen). Das liegt daran, dass es für die Telekom fast keinen Unterschied macht, ob sie 250 oder 16 Mbit anbieten. Bei den 16Mbit/s reden wir idR. auch nicht wirklich über ein echtes Angebot sondern eher über technische Zwänge. Da gibt es dann z.B. keine Glasfaser und auch kein DSL Vectoring. ist dann die Leitung etwas länger, dann geht die Geschwindigkeit ganz schnell in den Keller. Dass die Telekom überhaupt noch 16 Mbit/s Anschlüsse anbietet liegt vermutlich auch daran, dass ein nicht unerheblicher Teil dieser Kunden nicht mal 16 Mbit/s am Anschluss verfügbar hat. Vermutlich wegen Leitungslängen und anderen technischen Realitäten vor Ort. 100 Mbit/s wenn man nur 8 bekommt sehen noch mal deutlich schlechter aus. Und wer heute noch 16 Mbit/s bei der Telekom gebucht hat, der hat vermutlich keine andere Wahl. Denn die 5€ mehr für die 50 Mbit/s Leitung sind ein hoher Mehrwert. Denn da steigt der Upload fast um das 10-Fache von 2,4 auf 20 Mbit/s. Und mit 2,4 Mbit/s irgendwas zu verschicken oder irgendwo hochzuladen ist sehr schmerzhaft.

Die vergleichsweise relativ hohen Kosten pro Mbit/s entstehen durch mangelnde Verfügbarkeit bzw. reduziertem Bedarf. Was die Verbraucher dazu sagen spielt überhaupt keine Rolle - abseits der 7%, die berechtigt auf die Barrikaden gehen.